Dialogforum Sterbehilfe – Originalfassung

Die Originalfassung meiner Stellungnahme können Sie hier downloaden.

Die im Dokument mit kleinerer, schwarzer Schrift gedruckten Textstellen entsprechen den Vorgaben des Bundesministeriums für Justiz.

Der nächste Akt – ein fort Schritt?

Wie gefährlich es ist, im Sprachgebrauch nicht deutlich zwischen „Sterbehilfe“ und „Beihilfe zur Selbsttötung“ zu unterscheiden, zeigt sowohl die Überschrift als auch der Bericht „Sterbehilfe in Heimen soll gesetzlich ermöglicht werden“. https://www.suedostschweiz.ch/aus-dem-leben/2021-05-03/sterbehilfe-in-heimen-soll-gesetzlich-ermoeglicht-werden

Einmal mehr fordere ich, in der Neuregelung des § 78 StGB vom heute Suizidwilligen den Nachweis darüber zu verlangen, dass er sich schon in gesunden Tagen mehrmals überlegt hat, sein Leben – in bestimmten Situationen – durch Selbsttötung beenden zu wollen. Nur durch frühzeitiges und mehrmaliges Überdenken kann ein Individuum einen derart schwerwiegenden Schritt autonom und selbstbestimmt entscheiden. Kein Dritter, kein Arzt und kein Jurist kann in einem mehr oder minder langen Gespräch herausfinden und entscheiden, ob es sich um den autonomen, selbstbestimmten Willen des Suizidwilligen handelt oder nicht. Ferner muss der Gesetzgeber definieren und bestimmen, welche Suizidmittel er für den Suizid zulässt. Nur derart ermöglicht der Staat dem Einzelnen sein Selbstbestimmungsrecht auf legale Art und Weise wahrzunehmen. Des Weiteren, muss der Gesetzgeber festlegen, wer, wann und wie bzw. womit oder wodurch straffrei Beihilfe zum Suizid leisten darf.

Der Staat hat Schutzpflichten wahrzunehmen

Anderenfalls kommt der Gesetzgeber nicht nur seinen Schutzpflichten nicht nach. Er bringt Suizidwillige in Gefahr, dass der Suizid eventuell misslingt. Er verhindert, dass der Suizidwillige sein Selbstbestimmungsrecht ausüben kann, sein Leben würdevoll selbst zu beenden. Er belässt Suizidwillige in ihrer Notlage, und er verschärft diese noch obendrein, indem Suizidenten nicht wissen, ob sich ihre Suizidhelfer vor dem Strafrichter werden verantworten müssen. Er „verleitet“ Suizidhelfer auch zur Tötung auf Verlangen. https://ooe.orf.at/stories/3101961/

Vergleiche die Kurzfassung meiner Stellungnahme zum Dialogforum – Sterbehilfe, einberufen vom Bundesministerium für Justiz BMJ.at.

unberechtigte Beschwerden in der Pflege

Wer kennt sie nicht, die unberechtigten Beschwerden und Anschuldigungen von Angehörigen über Pflegepersonal, Ärzte und gegen den Betreiber eines Pflegeheimes? Sie stören das Arbeitsklima und gefährden den Ruf des Hauses. Aus meiner langjährigen Tätigkeit als Geriater, Palliativmediziner und als Gerichtssachverständiger u.a. für Pflegewesen weiß ich: Jeder unberechtigte Vorwurf hat Ursachen, die nicht beim „Beschuldigten“ zu suchen sind.

In diesem Beitrag geht es nicht um Beschwerde-Management von konstruktiver Kritik und nicht um die wenigen, tatsächlichen und offensichtlichen Verfehlungen. Hier geht es um unberechtigte Beschwerden und ihre Ursachen, die seit den durch Corona bedingten Besuchseinschränkungen deutlich zugenommen haben. Für alle gilt vorab: Nicht die Institution, nicht Ärzte, nicht die Pflege und auch nicht die Qualität des Essens sind „schlecht“, sondern der „schlechte“ Gesundheitszustand des/der pflegebedürftigen Angehörigen ist die Ursache für unberechtigte Beschwerden. Deshalb ist es notwendig, Angehörigen den aktuellen Gesundheitszustand der betroffenen Person durch einen Arzt offen, ehrlich, ausführlich und ungeschönt zu erklären sowie auch die möglichen Prognosen zu diskutieren.

Als Gerichtssachverständiger ist man immer auch bemüht, den Streit zwischen den Parteien zu schlichten. Mit jedem Gutachtensauftrag übernimmt man gleichzeitig eine gewisse Mediationstätigkeit, die den beiden Parteien aber auch dem Gericht zugutekommt, das seine Entscheidung auf den vom Sachverständigen gelieferten Grundlagen treffen muss. Das trifft auch zu, wenn Gutachter Angehörigen den medizinischen Ist-Zustand der betroffenen Person darlegen, wie das ja im Rahmen der Befundaufnahme geschieht. Erst dann können alle Beteiligten ihre Argumente auf dieselbe, realistische Basis aufsetzen.

Erfahrungsgemäß lassen sich bei unberechtigten Beschwerden drei Gruppen von Ursachen unter­scheiden. Die Zuordnung der Beschwerde zu einer Gruppe macht die Beschwerde zwar auch nicht weniger unangenehm, oder leichter verkraftbar. Sie verkürzt aber den Weg zum Ende der Meinungsver­schiedenheiten. Die folgenden Beispiele sollen die Vielfalt an Ursachen für Unzufriedenheit von Angehörigen aufzeigen und zugleich unterstreichen, dass jeder Fall individuell zu behandeln ist.

Unzufriedenheit mit der eigenen Situation

Das ist die mit Abstand am weitest verbreitete Ursache für Vorwürfe. Ein Gefühl der Ohnmacht oder der Hilflosigkeit, was kommt noch alles auf mich (uns) zu (fehlende Perspektive), das eigene Leben wegen einer pflegebedürftigen Person einschränken müssen, die Realität nicht wahr haben oder akzeptieren können oder wollen, die Rollenumkehr bezüglich Fürsorgeauftrag Eltern – Kind nicht verkraften können, oder Angst die Mutter oder den Vater zu verlieren, sie alle führen oft zu Verdrossenheit mit der eigenen Situation. Das sind auch die häufigsten Ursachen für ungerechtfertigte Beschwerden durch Angehörige – z.B. medizinisch oder pflegerisch etwas versäumt zu haben.

Schlechtes Gewissen

Gar nicht so selten plagt Angehörige – meist sogar unbewusst – das schlechte Gewissen, dem heute Pflege- und Betreuungsbedürftigen „etwas schuldig geblieben“ zu sein. Hierher gehört auch eine Kind-Eltern Beziehung, die in der Vergangenheit mit mehr oder minder großen Spannungen belastet war. Deshalb kann für diese Angehörigen heute nichts „gut genug“ gemacht werden. Fehlende Empathie, zu wenig Zuneigung, keine persönliche Zuwendung, zu wenig oder gar schlechte Pflege und nicht zuletzt „schlechte Kost“ sind von diesen Angehörigen oft gehörte Beschwerden.

Familienzwist

Beim Streit unter Geschwistern, geht es um ungleiche, erbrachte Leistungen (zB pflegende bzw. nicht-pflegende Angehörige), oder auch um „Neid“, weil der Bruder, die Schwester oder ein Lebenspartner der rechtliche Vertreter (Bevollmächtigter, Betreuer, Erwachsenenvertreter etc.) ist und damit vermeint­lich mehr Information über die/den Patient*in bekommt. Die Zahl von derart verärgerten Geschwistern ist im Steigen, weil sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen sowohl für Ärzte als auch für Spitals- und Pflegeheimbetreiber geändert haben (Stichwort: Datenschutz). Wofür der eine „neidig“ ist, das würde der „Beneidete“ gerne abgeben, sobald er seine Zustimmung oder Ablehnung einer medizinischen Maßnahme mit seinem Gewissen vereinbaren muss (zB PEG-Sonde). Gelegentlich findet sich in dieser Gruppe auch ein „vorverlegter“ Erbschaftsstreit als Ursache. Von dieser Gruppe hört man schon Klagsdrohungen und Klagen bei Gericht.

Lösungsvorschläge für Institutionen bei unberechtigten Beschwerden

Jede unberechtigte Beschwerde ist auch Ausdruck eines geriatrischen Informationsdefizits, das es primär auszugleichen gilt.

Präventiv für Pflegeheime empfehlen sich Vorträge für Angehörige mit obigen Inhalten, ergänzt mit Realitäten in der Geriatrie und Palliativmedizin. So lassen sich Informationsdefizite von Angehörigen zumindest auf allgemeiner Basis ausgleichen. Noch bevor sie unberechtigte Vorwürfe erheben, erkennen Angehörige wo Ursachen für Probleme liegen können; sie hören welche Probleme weit verbreitet sind und erkennen sich darin wieder. Zugleich werden Angehörige zum Dialog ermuntert.

Pflegeheime und Pflegepersonalvermittler können das Beschwerdemanagement dem Pflegepersonal vor Ort überantworten, wenn sich der Vorfall mit einer Entschuldigung oder mit Reparatur/Ersatz bereinigen lässt. Kommt bei schwerwiegenderen Vorfällen aber eine eigene Beschwerdeinstanz zum Einsatz, wird der Beschwerdeführer immer das Gefühl haben, dass er sich dem Urteil eines parteiischen „Schiedsrichters“ beugen musste. Aber die wahre Ursache für die unberechtigte Beschwerde konnte wahrscheinlich auch hier nicht ausgeräumt werden. Wer einem Pflegekunden oder seinem Angehörigen einen echten Mehrwert – auch für die Zukunft – bieten will, kann einen objektiven, externen Arzt mit praktischem know-how aus Geriatrie und Palliativmedizin zum Einsatz bringen. So zeigt die Institution Kompetenz und hebt sich damit positiv von Mitbewerbern ab.

Streitbeilegung im (Alten)Pflegebereich

Um Ursache(n) einer vorgetragenen Beschwerde möglichst zeitnah und nachhaltig zu analysieren und zu beheben empfehle ich Coaching für Angehörige. Dabei erfahren sie, was bei ihrem „Pflegefall“ medi­zinisch möglich und therapeutisch sinnvoll ist. Das Verhalten und Empfinden ihres an Demenz erkrank­ten Elternteils wird erklärt (Kenntnisse die der Gerichtssachverständige einsetzt, um den „mutmaß­lichen“ Patientenwillen zu ermitteln, wenn keine (eindeutige) Patientenverfügung vorliegt). In einem speziell entwickelten 1-Tages-Workshop helfe ich mit „mäeutischem Coaching gegen care-Stress“ Pro­bleme zu lösen, Perspektiven zu erkennen und Spannungen abzubauen. Das Coaching eignet sich für Angehörige die frühzeitig für den Umgang mit alternden Eltern Hilfe suchen. Aber auch für Angehörige, bei denen absehbar ist, dass wiederholt divergierende Meinungen zu einem Streit eskalieren können. Im 1:1 Coaching fließen individuelle Parameter von der alternden Person wie auch vom Angehörigen ein.

Bevor man wirklich vor Gericht zieht

Jeder Streit – bei dem es um einen pflegebedürftigen, alten Menschen geht – lässt sich mit dem schriftlichen Gutachten eines unabhängigen, externen Sach­verständigen so gut wie immer beilegen. Ein Gutachtensauftrag ist noch spezifischer und präziser als ein Coaching. Er umfasst die zu beantwortenden Fragen und gibt vor, welche Unterlagen dafür zu verwenden sind (Befunde, Krankenakte, Untersuchung des Patienten, etc.). Gutachten sind objektiv, vollständig und schlüssig, sodass sie auch von beiden Parteien als Argumentationshilfe und vom Betreuer zur Entlastung des eigenen Gewissens eingesetzt werden können.

Wählen Sie einen Termin für ein kostenloses Erst- bzw. Orientierungsgespräch. https://dasalter.com/terminvereinbarung/

künstliche Ernährung in der Altenmedizin – Ja oder Nein?

Wenn die Zustimmung zum Setzen einer Ernährungssonde (PEG-Sonde) verlangt wird, sind zwei sichere Voraussetzungen erfüllt: 1. Der Patient ist selbst nicht mehr entscheidungs- und einwilligungsfähig und 2. Es liegt keine eindeutige Patientenverfügung vor. Eine dritte Voraussetzung – nämlich dass Ärzte das Setzen empfehlen – ist zwar auch gegeben, aber es ist zu hinterfragen, ob die Empfehlung überhaupt den Richtlinien entspricht.

Personen, die nicht mehr selbst für sich entscheiden können, haben einen Vertreter. Entweder weil sie beizeiten eine Vorsorgevollmacht erteilt haben, oder weil ihnen laut dem jeweiligen Gesetz ein Betreuer (D), ein Erwachsenenvertreter (Ö) oder ein Vorsorgebeauftragter (CH) zugeteilt wurde.

Was können Sie tun, wenn Sie als Vertreter Ihre Zustimmung für eine PEG-Sonde zur künst­lichen Ernährung geben sollen, obwohl Sie überzeugt sind, dass die betroffene Person das nicht gewollt hätte? Ist eine entsprechende Patientenverfügung nicht vorhanden, kommt es jetzt auf den mutmaßlichen Patientenwillen an.

Oder, was können Sie tun, wenn Sie keine Vertretungsbefugnis haben aber dennoch verhindern wollen, dass Ihrem/r Angehörigen eine PEG-Sonde gesetzt wird?

Wie argumentiert man gegen eine PEG-Sonde, um seinem/r Angehörigen jahrelanges Leiden zu ersparen?

Wie vermeidet man im Nachhinein Gewissensbisse, ob die betroffene Person gestorben ist, weil sie keine PEG-Sonde erhielt?

75 % der PEG-Sonden sind nicht gerechtfertigt

Nach dem alten Sachwalterrecht haben mich Gerichte damit beauftragt festzustellen, ob die vorgesehene PEG-Son­de zum Wohl der betroffenen Person ist. Von 20 Aufträgen konnte ich nur 5 mit JA beantworten. 15 Mal oder in 75 % aller Aufträge ergab meine Beurteilung als unabhängiger Sachverständiger, nach Einbeziehen medizinischer, pflegerischer, rechtlicher, und ethischer Aspekte, dass die Implantation einer PEG-Sonde nicht gerechtfertigt ist. Für die allermeisten dieser Fälle gab es nicht einmal eine medizinische Indikation. Ob diese Relation auch für Deutschland gilt, wo jährlich ca. 100.000 solcher PEG-Sonden implantiert werden, kann ich zwar nicht mit Sicherheit sagen, es ist aber anzunehmen.

Wer in seiner Patientenverfügung künstliche Ernährung ablehnt, muss das nicht begründen, denn niemand hat das Recht nach dem “Warum” zu fragen. Wenn aber ein Vertreter die Entscheidung für einen anderen (geliebten) Menschen treffen muss, steht er eventuell im Konflikt mit anderen Personen (z.B. mit den Ärzten, die die PEG-Sonde vorschlagen, mit dem Pflegeper­sonal, oder mit anderen Familienmitgliedern). Oft sind sich Vertreter auch gar nicht sicher, wie sie entscheiden sollen. Was wird geschehen, wenn die PEG-Sonde Jahre später wieder entfernt werden soll? Wer wird den Auftrag dafür erteilen und wer wird die Sonde entfernen? Werden diese Handlungen dann Sterbehilfe bedeuten? Auf die Frage „PEG-Sonde in der Altenmedizin“ gibt es keine allgemein gültige Antwort, weil jeder Fall individuell zu beurteilen ist.

Lassen Sie sich von einem Fachmann bestätigen, ob Ihr Gefühl richtig ist, die Zustimmung zum Setzen einer PEG-Sonde zu verweigern. Denn kein Laie kann die Kriterien kennen, nach denen man richtig entscheidet. Und die Argumentation gegen eine PEG-Sonde muss dann auch noch gegenüber den Ärzten die eine PEG-Sonde empfehlen, gegenüber Familienangehörigen die auch eine PEG-Sonde befürworten, und nicht zuletzt vor dem objektiven Betreuungsgericht standhalten.

Nur ein ärztliches Gutachten gegen die PEG-Sonde liefert Entscheidungsgrundlagen und trägt so gleichzeitig die Entscheidung mit. Das Gutachten zeigt objektive Fakten auf, die schlüssig zum Ergebnis führen, dass die PEG-Sonde gar nicht erst gesetzt wird. So bleiben der betroffenen Person viele Jahre an sinnlosen Leiden erspart.

Wie weiß man, ob in einem bestimmten Fall ein ärztliches Gutachten gegen die PEG-Sonde erstellt werden kann?

Beantworten Sie diese 7 Fragen für Ihren Fall: 1. Gibt es im letzten Monat merklichen Gewichtsverlust? 2. Ist der BMI (Body-Mass-Index) größer als 18,5? 3. Besteht Entscheidungsunfähigkeit seit mehr als 3 Monaten (z.B. nach Schlaganfall)? 4. Besteht Demenzerkrankung seit mehr als 1 Jahr? 5. Verweigert die betroffene Person Nahrungsaufnahme? 6. Bestehen Hautschäden (Decubitus)? 7. Ist eine Patientenverfügung vorhanden?

Schon bei 2 x JA-Antworten besteht Wahrscheinlichkeit, dass ein Gutachten gegen die PEG-Sonde möglich ist. Je mehr JA-Antworten, desto weniger gerechtfertigt erscheint die PEG-Sonde. In einem für Sie kostenlosen Analysegespräch sage ich Ihnen, ob ich den Auftrag für ein „Gutachten gegen eine PEG-Sonde“ annehmen kann.