Novelle des Patientenverfügungsgesetzes

Vor dem Erstellen einer Patientenverfügung bedarf es beim Betroffenen zunächst eines ausführlichen Prozesses der Meinungs- und Willensbildung, ob er medizinische Behandlung zugunsten natürlicher Entwicklung einer Situation ablehnen möchte, um sein Leben früher zu beenden. Erst danach kann er in den Prozess der Entscheidungsfindung eintreten ob er eine bestimmte Maßnahme in einer bestimmten Situation zulassen oder ablehnen möchte, bis er schließlich verfügen kann, dass sein Wille respektiert und umgesetzt werden soll. Die traditionelle Patientenverfügung ist aus Sicht des Betroffenen aber immer nur ein statisches Dokument.

Mit Novellierung des Patientenverfügungsgesetzes besteht die Chance die Patientenverfügung von einem standardisierten zu einem dynamischen Instrument werden zu lassen. Eines, das Klarheit zum Lebensende schafft, statt Fragen offen lässt. Eine schon frühzeitig beginnende Auseinandersetzung mit diesem Thema könnte durch den Diskurs mit dem Arzt, mit Freunden und mit Familienangehörigen zu laufender Aktualisierung der Patientenverfügung führen. Das festigt den Willen des Betroffenen und hilft Verwandten, wenn aus ihnen pflegende Angehörige werden sollten.

Eine Patientenverfügung erstellen heißt: über sein Lebensende nachdenken. Deshalb sollte das Patientenverfügungsgesetz zum „roten Faden“ werden, an dem jeder seine persönlichen Überlegungen ausrichten kann und ausrichten muss.

Ideen zur Novelle die sinnvoll, nützlich und effektiv sind (A bis G)

A)    Zur abgelehnten Maßnahme

Weil das Patientenverfügungsgesetz dem mündigen Bürger auch eine Hilfestellung sein soll, sollte es ihn darauf vorbereiten gleichermaßen selbst zu handeln, solange er dazu noch in der Lage ist. Deshalb ist die Frage legitim: „Bin ich bereit selbst auszuführen, was in meiner Patientenver­fügung steht? Oder, bin ich selbst bereit z.B. die Einnahme von Medikamenten abzulehnen, weil sie mein Leben verlängern?“ Es soll weiterhin gelten, die abgelehnte Maßnahme muss konkret formuliert sein, z. B. muss das abgelehnte Medikament in der Patientenverfügung namentlich genannt sein. Die Patientenverfügung ist Ausdruck des höchstpersönlichen Willens, weshalb die Maßnahme jeder Einzelne persönlich einsetzen muss. Jeder mündige Patient, der eine Maßnahme ablehnt, muss darüber ebenso Bescheid wissen, wie er weiß welches Medikament er wofür einnimmt.

B)     Zur Situation in der die Maßnahme abgelehnt wird

Kein Verfügender (auch wenn er selbst Arzt ist) kann heute wissen, in welcher medizinischen Situation er sich morgen befinden wird, wenn er verlangt die konkrete Maßnahme zu unterlassen. Weil die Situation „in der der Sterbeprozess bereits begonnen hat“ nicht definierbar ist, öffnet das Ärzten Tür und Tor zu behaupten: Ich muss mich nicht an die Patientenverfügung halten, weil das nicht dieselbe Situation ist, wie seinerzeit in der Patientenverfügung beschrieben. Besser als die Situation selbst zu definieren ist es, den aus der Situation folgenden Zustand mit eigenen (laienhaften) Formulierungen zu beschreiben, in den man nicht kommen möchte (z.B. nicht sprechen können, nicht gehen können, seine Kinder nicht mehr erkennen etc.). Diese Folgen sollten mit (vorsorgebevollmächtigten) Angehörigen anlässlich des Erneuerns besprochen und in schriftlicher Form dokumentiert worden sein (s.u.F) Erneuern).

C)     Keine Patientenverfügung ohne Vorsorgevollmacht

Um dem Bürger zu verdeutlichen, dass es auch jemanden geben muss, der seine Patientenverfü­gung durchsetzen wird, könnte jetzt die unabdingbare Errichtung einer Vorsorgevollmacht (für medizinische Belange und für den Wohnort) ins Patientenverfügungsgesetz aufgenommen werden. Der Verfügende muss in gesunden Tagen seinen Willen dem Vorsorgebevollmächtigten erklären. Zugleich würde der Gesetzgeber damit vermitteln, dass jeder Eigenverantwortung übernehmen muss.

D)    „Bringschuld“ anstatt „Holschuld“

Sofern der Patientenwille von der gebotenen, üblichen medizinischen Behandlung abweicht, und der Betroffene sich nicht mehr selbst mitteilen kann, sollte Vorsorgebevollmächtigten die Pflicht obliegen dafür zu sorgen, dass dem behandelnden Arzt/Intensivmediziner sowohl die Dokumen­tation des Patientenwillens als auch dessen Interpretation vorgelegt wird. Beim Bekanntmachen der Patientenverfügung und ihrer Inhalte muss es sich um eine Bringschuld (von Seiten des Patienten) nicht aber um eine Holschuld (von Seiten der Mediziner) handeln. Damit würden Ärzte auch größtmögliche Rechtssicherheit für ihr Handeln bzw. Unterlassen erhalten.

E)     Verbindliche Patientenverfügung zur Gänze eliminieren

Die gesetzlichen Vorschriften für das Erstellen einer verbindlichen Patientenverfügung schrecken den Bürger ab. Außerdem ist der Begriff „verbindlich“ irreführend. Denn eine Patientenverfügung ist für niemanden verbindlich. Nicht für den Intensivmediziner, nicht für den Angehörigen, nicht für Sanitäter, nicht für den Rechtsvertreter und auch nicht für einen Richter. Diese Feststellung gilt solange, als das Gesetz keine Sanktion vorsieht für „Nichtbefolgen“ oder „Missachten“ einer Patientenverfügung.

F)     Erneuern

Auch das Deutsche Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz schreibt in seiner Broschüre ‚Patientenverfügung‘: „Es ist nicht unbedingt erforderlich, aber sehr empfehlenswert, eine Patientenverfügung in bestimmten Zeitabständen (z.B. jährlich) zu erneuern oder zu bestätigen.“

Eine Patientenverfügung ist umso authentischer, je älter sie ist und je öfter sie vom Verfügenden (nicht automatisch) erneuert wurde. Um den Betroffenen vor einer mißbräuchlichen Verwendung seiner Patientenverfügung zu schützen könnte das Gesetz die einmal jährliche Erneuerung (zumin­dest durch eigenhändiges Hinzufügen von Datum und Unterschrift) obligatorisch vorschreiben. Das fördert auch die notwendige Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensende.

Gleichfalls sollte der Vorsorgebevollmächtigte gesetzlich verpflichtet sein, das stattgefundene erklärende Gespräch über Inhalt und Interpretation des Inhaltes der Patientenverfügung mit dem Verfügenden (vgl. C), eigenhändig mit Datum und Unterschrift zu bestätigen. Dieses Vorgehen verursacht keine Kosten, ersetzt das ärztliche Attest der Einsichts-, Urteils- und Entscheidungsfä­higkeit des Verfügenden und erhöht die Chance erheblich, dass der gefestigte Patientenwille umgesetzt und durchgesetzt werden wird.

Auch bei Nichterfüllen von gesetzlichen Vorschriften bleibt das Papier zur Bestimmung des mut­maßlichen Patientenwillens bedeutsam und maßgeblich.

G)    Die Patientenverfügung für Demenz

Die Patientenverfügung für Demenz sollte erstmals vor mindestens 5 Jahren errichtet worden sein und jährlich einmal erneuert worden sein bevor sie wirksam wird. Damit erlernt der Verfügende und erhält der Verfügende die Gelegenheit dieselbe Maßnahme auch selbst abzulehnen, sofern er seine Pflegebedürftigkeit im Alter abkürzen möchte (vgl. oben A).

Der Tod wird so zwar auch nicht planbarer, aber das Lebensende und der Sterbeprozess werden vielleicht etwas berechenbarer – und damit für alle Beteiligten weniger belastend.

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