Hilfe für Angehörige

Richtig, auch Angehörige von geriatrischen Patienten brauchen Hilfe. Und zwar je länger Angehörige einen geriatrischen Patienten bereits betreuen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst auch Hilfe benötigen. Zum Unterschied von Ihnen, die Sie auch diese Seite lesen, haben andere Angehörige noch nicht erkannt, dass ihnen etwas fehlt.

In der Anfangsphase werden alle Ressourcen in den Pflegefall investiert (finanzielle Ressourcen, körperliche Kräfte, seelische und mentale Ressourcen). Später aber sind Angehörige hin und her gerissen zwischen „schlechtem Gewissen“ gegenüber dem Pflegefall und oder gegenüber der Familie, „das bin ich ihm schuldig“, „das möchte ich für ihn tun“ und dem immer häufiger werdenden Gefühl „ich kann nicht mehr“.

Wann ist Hilfe von außen notwendig?

Es gibt viele Ursachen warum Angehörige Hilfe von außen brauchen. Wenn die eigenen körperlichen und oder seelischen Kräfte nicht mehr ausreichen, oder wenn man nicht bereit ist sein eigenes Leben wegen der Krankheit des Pflegebedürftigen aufzugeben.

Für einander da sein – mit Ablaufdatum

Von innen heraus (sprich: selbst) bringen viele nicht die notwendige Kraft auf ihre Situation zu verbessern. Manchmal ist es Gewohnheit, die in jahrzehntelanger Ehe entstanden ist; oft ist man noch in der Kultur des „Füreinander da zu sein“ verwurzelt, die aber leider schon ihr Ablaufdatum zeigt; gelegentlich ist es die vom Hilfsbedürftigen bewusst oder unbewusst ausgespielte Kraft und Macht (manchmal sogar zur Tyrannei herangewachsen), die den inzwischen schon leidenden Angehörigen fast lähmt. Bei einigen ist es aber auch das eigene Unvermögen mit der Macht über den Pflegebedürftigen umzugehen, die einem selbst, ungewollt zugefallen ist und nicht selten ist es auch die Furcht davor in den Augen der Zuschauer als „undankbar“ oder als „Versager“ gesehen zu werden.

Durchschnittlich 8 – 9 Jahre

Gerontopsychotherapeutische Gespräche können wahrscheinlich auch helfen. Sie werden im Allgemeinen den medizinischen Zustand des Pflegefalls aber nicht mit einbeziehen. Ein Faktor der jedoch nicht außer Acht bleiben kann wenn man bedenkt, dass Pflegebedürftigkeit heute durchschnittlich 8 – 9 Jahre andauert. Dabei ist es egal ob der Angehörige zu Beginn dieser Periode (bei Bekanntwerden der Diagnose) Hilfe braucht, mitten drinnen da der Angehörige im Zustand der Ungewissheit was die Zukunft noch bringen wird eine Perspektive sucht, oder gegen Ende wenn der pflegende Angehörige schon ausgebrannt und völlig erschöpft nach Hilfe ruft. Deshalb sehe ich es für notwendig den aktuellen Zustand sowie die Perspektive des Pflegefalls aus medizinischer Sicht mit einzubeziehen.

Tipps für den Umgang mit dem Patient

Geriatrische Hilfe für Angehörige in Form von Gesprächen hat gegenüber psychotherapeutischen Ansätzen auch andere Vorteile: sie erfolgt im Rahmen geriatrischer Begleitung über einen gewissen Zeitraum – gleichzeitig mit der Behandlung des Pflegefalls. Der erfahrene Geriater gibt dem hilfesuchenden Angehörigen in Gesprächen einige gezielte Tipps für den Umgang mit dem Patienten. Er zeigt Abhilfen auf, die dem Angehörigen das Leben erleichtern und ist bei der Umsetzung behilflich („ich habe eh schon probiert …“ blieb ja meist erfolglos), und er zeigt dem Angehörigen auch was dieser am eigenen Verhalten ändern sollte.

Tipp: Zögern Sie nicht: kontaktieren Sie mich oder einen anderen Fachmann, der Ihnen mit einigen Gesprächen hilft.

PflegegeldAntrag abgelehnt

Eine Situation, die gar nicht so selten vorkommt. Österreichweit wurden 2012 mehr als 20 % aller Anträge abgelehnt. Von den jährlich knapp 40.000 abgelehnten Anträgen entfallen ca. 43 % auf Neuanträge und ca. 57 % auf Erhöhungsanträge. (Quelle: http://www.pensionsversicherung.at)

Wie kommt es dazu?

Viele versuchen „auf gut Glück“ Pflegegeld zu bekommen, ohne die gesetzlich notwendigen Voraus­setzungen für Gewähren von Pflegegeld zu kennen. Sind diese dann nicht erfüllt darf es nicht wundern, dass solche Anträge abgelehnt werden.

Andere glauben, weil „alles schlechter geworden“ ist, müsse es dafür jetzt auch mehr Pflegegeld bzw. eine höhere Pflegestufe geben. Weshalb diese Auffassung nicht richtig ist, beschreibe ich in dem Beitrag „Pflegegeld allgemein“.

Was kann man gegen die Ablehnung tun?

Die einfachste Möglichkeit ist, die „Sperrfrist“ von 1 Jahr abzuwarten und dann neuerlich einen Antrag stellen. Sollte in der Zwischenzeit eine Verschlechterung im Gesundheitszustand des Pflegegeldwerbers (PGW) eintreten, kann man unter Beilage einer ärztlichen Bestätigung über die Verschlechterung des Zustandes jederzeit wieder – auch früher als vor Ablauf der Jahresfrist – einreichen; und zwar eine Neubemessung verlangen.

Immerhin sind es aber auch ca. 20 % die sich mit der Ablehnung – also mit einem abschlägigen Bescheid – nicht zufrieden geben wollen und deshalb den Klagsweg beschreiten (z.B. beim Arbeits- und Sozial­gericht). Die Klage ist zwar für den PGW nicht mit Kosten verbunden und es besteht auch kein Anwaltszwang, dennoch ist es empfehlenswert sich beraten zu lassen, bevor man vor Gericht zieht. Behindertenverbände, Organisationen wie z.B. Volkshilfe (pflegegeld.at) aber auch private Beratung (z.B. meinpflegegeld.at) sind dabei behilflich. Es sollten doch realistische Chancen bestehen, bevor man Zeit und Nerven in ein Gerichtsverfahren investiert.

Die auch noch mögliche – und oft praktizierte – Variante mit Nachbarn, Bekannten oder Verwandten über die eigene Enttäuschung zu diskutieren, bringt gar nichts. Aussagen wie: „Ich kenne jemanden, der geht den ganzen Tag spazieren und hat die Stufe X“ sind nicht fundiert und vergiften nur das Klima für die nächste Begutachtung.

Kann man einer Ablehnung vorbeugen?

Ja, man kann einer Ablehnung vorbeugen (vgl. Pflegegeld allgemein) und man sollte das auch aus mehreren Gründen tun.

Zum ersten wegen des soeben beschriebenen eigenen Ärgers. Wie angenehm die Enttäuschung der Ablehnung empfunden wird, bleibt jedem selbst überlassen.

Andererseits kostet jeder (auch abgelehnte) Antrag das System ca. € 200,–. Das ergibt pro Jahr ca. 8 Mio Euro (da sind Kosten für Gerichtsverfahren noch gar nicht mitgerechnet), die nicht an Pflegebedürftige ausbezahlt werden können.

Schließlich wird sich auch der Gutachter ein Bild machen, wenn er einen PGW begutachten geht, der schon den 7. oder 8. Antrag stellt, aber noch immer Pflegestufe 0 hat.

Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass Sozialversicherer oder Gutachter „willkürlich“ entscheiden (dürfen) ob jemandem Pflegegeld gebührt oder nicht. Wenn es auch nicht die Gutachter vor Ort sind, die bestimmen welche Pflegestufe jemand bekommt, so schlagen sie in ihrem Gutachten doch eine bestimmte Pflegestufe vor. Diesem Vorschlag messen Mitarbeiter der Sozialversicherer dann meist einiges Gewicht bei.

Selbstverständlich halten sich Gutachterärzte an das Bundespflegegeldgesetz und an die jeweils gültige Einstufungsverordnung. Trotzdem gibt es Ermessensspielräume die von Diagnosen, persönlicher Beurteilung der Fähigkeiten des PGW, Einschätzung von Häufigkeit benötigter Hilfe oder auch von anderen Kriterien bestimmt werden. Eben solche Ermessensspielräume wird eine seriöse Pflegegeld-Beratung durch den Fachmann bereits aufzeigen, schon bevor der Antrag gestellt wird bzw. bevor der von der Pensionsversicherungsanstalt beauftragte Gutachter zum PGW kommt. Das wiederum hat zur Folge, dass alle Beteiligten (der PGW selbst, Angehörige als bei der Begutach­tung anwesende Vertrauenspersonen, aber auch der von der Versicherung entsandte Gutachter) über Fähigkeiten der Betroffenen weder diskutieren und schon gar nicht streiten müssen.

Bei der Pflegegeld-Beratung erfahren Sie welche Pflegestufe mit hoher Wahrscheinlichkeit zuerkannt werden wird, aber auch ob eine Ablehnung zu Recht erfolgt ist.

Allgemeine Fragen zu diesem Thema können Sie unten als Kommentar schreiben oder über das Kontaktformular stellen. Individuelle Fragen beantworte ich bei Pflegegeld-Beratung. Sie können hierfür online einen Termin vereinbaren (Nichteinhalten ist kostenpflichtig).

 

Pflegegeld allgemein

Pflegegeld bekommt man, wenn alltäglich Notwendiges infolge Behinderung(en) nicht mehr selbst besorgt werden kann. Jetzt soll Pflegegeld helfen, notwendige Hilfe(n) leichter bezahlen zu können. Pflegegeld kann aber nicht alle pflegebe-dingten Mehrkosten ersetzen, sondern nur einen Beitrag dazu leisten. (vgl. §1 BPGG)

Pflegegeld bekommt man nicht automatisch bei bestimmten Krankheiten oder Diagnosen, nicht wegen Schmerzen oder Operationen, nicht als Besitzer eines Behindertenpasses und auch nicht ab einem gewissen Alter. Denn an all diesen Tatsachen kann Pflegegeld nichts ändern.

Folgende Punkte sind zwar für Sie sehr wichtig, haben aber nur bedingt Einfluss auf die Pflegestufe oder auf das Gutachten: hohe Ausgaben (zB für Pflege, Essen, Heimhilfe, Rezeptgebühren, Taxi etc.); geringe Pension; Wegfall von Hilfe (zB Ausfall eines Angehörigen); Wunsch nach einer bestimmten Pflegestufe (zB „wegen Aufnahme ins Heim“).

  • wie bekommt man Pflegegeld bzw. eine höhere Pflegestufe?

Sie stellen (im Namen Ihres Angehörigen) einen Antrag – u. zw. bei der Stelle, von wo er seine Pension bekommt. Entweder das dort aufliegende Formular ausfüllen oder den Antrag online stellen. Details finden Sie weiter unten.

Obwohl die Antragstellung, Begutachtung und Bescheidausfertigung für Pflegegeldwerber kostenlos ist, gibt es gute Gründe vor Antragstellung Pflegegeldberatung in Anspruch zu nehmen. Beratung bekommt man bei Behindertenverbänden, bei Heimhilfeorganisationen und auch bei Personen, die spezielle Gutachter-Ausbildungen für Pflegegeld-Einstufungen absolviert haben. Bei Letzteren ist Pflegegeld-Beratung verständlicher Weise kostenpflichtig (vgl. www.meinpflegegeld.at). Dabei ist zu bedenken: Pflegegeld oder eine eine höhere Pflegestufe zu bekommen, das wiederholt sich jeden Monat, während man für gutachterlichen Rat aber nur einmal bezahlt.

Bevor man dem System Kosten verursacht – jede Antragsbearbeitung ist mit finanziellem Aufwand für das System verbunden – sollte man sich selbst einige Fragen (aufrichtig) beantworten. Einerseits weil bestimmte Kriterien zu erfüllen sind, ehe der Staat Pflegegeld bezahlt (der Gutachter muss und wird all diese Kriterien hinterfragen!) und andererseits werden Sie nicht enttäuscht sein kein Pflegegeld zu bekommen, wenn Ihre Erwartungen ungerechtfertigt oder zu hoch waren.

Was ist der Grund für Ihre Antragstellung?

a) Sie wollen mehr Geld, weil es finanziell knapp ist?

Hier könnte Ihre Erwartung enttäuscht werden. Pflegegeld ist nämlich nicht als zusätzliches Einkommen gedacht, sondern ein Beitrag des Staates, um Kosten für notwendige Pflege und Betreuung leichter bezahlen zu können.

b) Sie können Manches nicht mehr selbst machen und müssen (oder müssten, wenn es nicht Angehörige für Sie machen) dafür bezahlen (z.B. für Einkaufen – Heimhilfe; für Begleitung oder Taxi bei außer Haus gehen; für kochen – Essen auf Räder; für Wohnungs- und Wäschereinigung – Bedienerin, etc.).

Wenn es medizinische Gründe dafür gibt, warum Ihnen dies oder jenes unmöglich ist und genügend Stunden an Hilfe zusammenkommen (zumindest 60,5 Stunden pro Monat für Stufe 1), dann stehen Ihre Chancen recht gut Pflegegeld zu bekommen. Hier geht es aber nicht um die Anzahl der Stunden, die Sie tatsächlich aufwenden oder bezahlen, sondern um Stunden die das Gesetz für bestimmte Leistungen vorsieht.

c) Sie haben schon Pflegegeld glauben aber, dass jetzt eine höhere Pflegestufe gebührt.

Auch wenn tatsächlich „alles“ (z.B. Schwindel, Schmerzen, Beweglichkeit, Unsicherheit, Selbständigkeit, Gedächtnis, Kraft etc.) schlechter geworden ist, bedingt das nicht automatisch eine höhere Pflegestufe. Zu höherer Pflegestufe kann nur führen, wenn heute etwas nicht mehr geht, was bei der letzten Begutachtung noch möglich war.

Weiters ist zu bedenken: Überall dort wo das gesetzliche Höchstmaß an Stunden schon bei der letzten Einstufung zuerkannt wurde, gibt es auch diesmal für diese Position nicht mehr Stunden als zuletzt. Wurde im letzten Bescheid z.B. schon Hilfe für Einkaufen gewährt, dann bleibt es bei derselben Stundenzahl, selbst wenn es heute viel beschwerlicher ist als letztes Mal, oder jetzt gar nicht mehr geht. Denn das Gesetz sieht für „Einkaufen“ höchsten 10 Stunden pro Monat als Fixwert vor – und die wurden schon bei der letzten Begutachtung zur Gänze berücksichtig. Dasselbe gilt für Wohnungs- und Wäschepflege oder für außer Haus gehen, für kochen, für Herrichten und Einnehmen von Medikamenten etc..

Aus Ihrem Bescheid sehen Sie, welche Hilfen schon zugestanden wurden. Vergleichen Sie wie viele Stunden für welche Tätigkeiten gesetzlich vorgesehen sind (z.B. bei http://www.sozialratgeber.at/index.php/finanzielles/35-pflegegeld).

  • was kann man tun, damit ein Antrag nicht abgelehnt wird?

a) Sie sollten nur einreichen, wenn eine realistische Chance auf Zuerkennung besteht.

b) mit dem kostenlosen Pflegegeldrechner hat man heute schon einen recht genauen Gradmesser ob es Chancen gibt Pflegegeld zu bekommen bzw. welche Stufe voraussichtlich gewährt werden wird.

c) Sie können sich beraten lassen bevor Sie den Antrag stellen,

d) Sie können dem Antrag ein Privatgutachten nach dem Pflegegeldgesetz anschließen.

  • was kann man tun, wenn der Antrag abgelehnt wurde?

a) Wenn Sie das nicht schon vor Antragstellung getan haben, sollten Sie jetzt Pflegestufenrechner im Internet suchen und „ausprobieren“. Alternativ können Sie mit Hilfe von Information aus dem Internet eine Selbstberechnung versuchen.

b) Kontrollieren Sie mit dem kostenlosen Pflegegeld-Rechner. Vielleicht konnte aufgrund des Gesetzes nicht anders entschieden werden, dann kann man jetzt wahrscheinlich nichts machen. Ein Jahr nach der letzten Begutachtung können Sie einen Neubemessungsantrag stellen; bzw. auch schon früher wenn dem Antrag eine ärztliche Bestätigung über die Verschlechterung beigelegt wird.

c) Sind Sie der Meinung, dass Ihr Antrag zu Unrecht abgelehnt wurde, dann können Sie (innerhalb der Rechtsmittelfrist) gegen den Ablehnungs-Bescheid (z.B. beim Arbeits- und Sozial­gericht) klagen, ohne dass für die Klage Kosten entstehen.

Das Gericht wird wahrscheinlich ein neues Gutachten einholen. Der Gerichtsgutachter wird jetzt zwar nicht von der Stelle entlohnt, die das Pflegegeld bezahlen muss, aber auch er ist verpflichtet sich an das Gesetz zu halten. Details über Begutachtung und Gutachten beschreibe ich im Artikel Pflegegeld – Einstufung.

d) Auch nach Ablehnung eines Antrages ist es – so wie vor Antragstellung – von Vorteil sich beraten zu lassen.

e) Vergleichen Sie auch die Inhalte des Beitrages Pflegegeldantrag abgelehnt.

Allgemeine Fragen zum Thema Pflegegeld können Sie als Kommentar schreiben oder über das Kontaktformular stellen. Individuelle Fragen beantworte ich bei der kostenpflichtigen Pflegegeld-Beratung.

PflegegeldEinstufung

Die WGKK verlinkt zum online Ratgeber Pflegegeld. Der Ratgeber fragt einige notwendige Anspruchsvoraussetzungen ab und listet auch andere gesetzliche Vorschriften. Sie erfahren dort aber nicht welche Pflegestufe in Ihrem Fall zutreffen könnte. Die voraussichtlich zutreffende Pflegestufe können Sie kostenlos und anonym mit dem Pflegegeldrechner ermitteln.

  • allgemeiner Ablauf

Nach Antragstellung (Neu- oder Erhöhungsantrag) erhalten Sie eine Verständigung über den Eingang des Antrages. Ein eventueller Anspruch beginnt ab dem 1. des nächsten Kalendermonats.

Schriftlich wird nun mitgeteilt, wann und durch wen die Begutachtung erfolgen wird. Die Begutachtung findet beim Pflegegeldwerber (PGW) zuhause statt. Das Schreiben informiert auch, wie vorzugehen ist, wenn der Termin nicht eingehalten werden kann.

Um Objektivität zu gewährleisten, kommen meist externe Gutachter zum Einsatz. Diese sind nicht Mitarbeiter der Versicherungsanstalt, sondern unabhängige Ärzte. In ihrem Gutachten (s.u.) schlagen sie ein Ergebnis vor. Dieses wird von internen Ärzten oberbegutachtet und anschließend in der Versicherungsanstalt weiter bearbeitet. Also nicht der Gutachter der zum PGW kommt bestimmt, ob oder in welcher Höhe jemand Pflegegeld bekommt. Jeder Gutachter lehnt Gutachtensaufträge bei Befangenheit ab (z.B. eigener Patient). Auch Sie haben das Recht einen Gutachter abzulehnen, wenn triftige Ablehnungsgründe vorliegen. Die Ablehnung eines Gutachters sollte schriftlich erfolgen und muss begründet sein.

Welche Unterlagen sind für die Begutachtung vorzubereiten? Der PGW benötigt einen Lichtbildausweis und schriftliche medizinische Befunde. Am besten einen Patientenbrief bereit, den man bei Spitalsentlassung bekommt. Sorgen Sie dafür, dass bei der Begutachtung zumindest Kopien von den Befunden da sind. Wenn Befunde bei Ihrem Arzt liegen, oder wenn Sie diese mit dem Antrag in die Versicherungsanstalt geschickt haben, nützt das dem Gutachter nicht.

Das Beiziehen einer Vertrauensperson dient dazu, dem PGW beizustehen (weniger aufgeregt zu sein, bei Vergesslichkeit auszuhelfen etc.). Achtung: das Gutachten ist aber über den PGW und nicht über die Vertrauensperson zu erstellen; d.h. die Vertrauensperson soll nicht anstatt dem PGW antworten. Sie dürfen als Vertrauensperson unbesorgt sein, denn jeder Gutachter erkennt, ob die Antworten eines (dementen) PGW für bare Münze zu nehmen sind oder nicht. Der Gutachter wird sich aber nur dann ein richtiges Bild über die betroffene Person machen können, wenn das Arzt-Patient-Gespräch unbeeinflusst bleibt. Der Gutachter wird der Vertrauensperson Gelegenheit geben Ergänzungen und Korrekturen anzubringen.

  • Begutachtung

Was Sie (bzw. Vertrauenspersonen) nicht tun sollten

Sie sollten dem Gutachter keine Aussagen präsentieren von denen Sie denken, dass Sie damit bestimmt Anspruch auf Pflegegeld auslösen. „Man kann ihn/sie nicht mehr alleine lassen“. In diese Kategorie fallen auch Übertreibungen wie „ich kann nicht mehr gehen“ oder Verallgemeinerungen wie „ich kann gar nichts mehr alleine, ich brauche für alles Hilfe“. Geübte Gutachter gehen auf derartige Feststellungen meist nicht ein, was nur so viel bedeutet, wie er wird den Wortlaut ins Gutachten aufnehmen.

Auch sollten Sie dem Gutachter nicht „vorschreiben“ zu welchem Ergebnis er zu kommen hat. Aussagen wie „… hat mir gesagt, ich bekomme mindestens Stufe X“ oder „Ich brauche die Stufe 3 für die Aufnahme ins Heim“ verfehlen meist das Ziel.

Verwenden Sie besser nicht medizinische Ausdrücke, um Ihre medizinische Kompetenz unter Beweis zu stellen. Es sei denn, Sie wollen dem Gutachter signalisieren, dass Sie sich genau so gut auskennen wie er. Anstatt „Lendenwirbelbereich“ sagt man besser „im Kreuz“ oder „unterer Rücken“. Sie können ja wirklich nicht wissen ob Ihnen der 12. Brustwirbel oder der 1. Lendenwirbel Ihre Probleme macht. Anstatt „Tinnitus“ sagt man besser „Summen, Brummen, Klingeln, Pfeifen etc.“ im rechten oder im linken Ohr. Anstatt „ich habe COPD“ beschreibt man besser wann man „Probleme mit der Luft“ hat usw. usf.

Sie sollten keine Diagnosen nennen – Diagnosen sieht der Gutachter aus vorgelegten Befunden. Er kann Diagnosen ins Gutachten auch nur aufnehmen, wenn sie schriftlich vorliegen.

wonach fragt der Gutachter (was will er von Ihnen hören)?

Der Gutachter fragt nach Beschwerden (nicht nach Diagnosen) z.B. ‚Schmerzen‘; er möchte wissen wie oft man die Beschwerden hat (wann?) z.B. ‚bei längerem Gehen’; er will die Lokalisation der Beschwerden hören (wo tut’s weh?) z.B. ‚in beiden Oberschenkeln’; er fragt nach Einschränkungen und nach deren Begründung z. B. ich kann nicht kochen ‚weil ich nicht so lange stehen kann’ oderweil ich nie gekocht habe und nicht weiß wie das geht’.

Wenn also der Gutachter fragt, was Sie nicht mehr bewerkstelligen können, sollten Sie jetzt nicht Ihre Krankheiten aufzählen, sondern sagen wofür Sie fremde Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Bei der Frage nach den Gründen – d.h. weshalb Sie dies oder jenes nicht machen können – sollten Sie dem Gutachter die Beschwerden nennen, die Ihnen das Leben beschwerlich machen. Antworten wie: „es steht eh alles in den Befunden“ oder „schau’n Sie doch, Sie sehen ja, dass ich nicht gehen kann“ sind nicht nur unhöflich, sondern werden sich auch im Gutachten wiederfinden. Wären Befunde und die Angaben des PGW ausreichend, könnte die Pensionsversicherung diese beiden Unterlagen verlangen und auf das hin Pflegegeld überweisen – macht sie aber nicht; sie schickt einen Arzt zum PGW nach Hause und lässt ein Gutachten erstatten.

Es wird Ihnen vielleicht eigenartig vorkommen, wenn der Gutachterarzt nach der Heizung fragt. Die Erklärung hierfür findet sich im Pflegegeldgesetz: Für notwendige Hilfe bei der Beheizung des Wohnraumes sind monatlich 10 Stunden vorgesehen. Wenn mit Festbrennstoffen geheizt wird, kann der Gutachter medizinisch erklären, dass für Herbeischaffen des Brennmaterials Hilfe benötigt wird. (Wenn jemand einen Heizkostenzuschuss bekommt, hat das finanzielle aber keine medizinischen Gründe.)

Ähnliches gilt für Fragen nach Ausstattung von Bad oder WC. Für ein Pflegegeld-Einstufungs-Gutachten ist es wichtiger zu erfahren ob Haltegriffe in Bad oder WC vorhanden sind, als z. B. den Blutdruck zu messen. Der Pflegegeldgutachter muss beurteilen ob es dem PGW zumutbar ist Hilfsmittel zu verwenden, es ist aber nicht seine Aufgabe einen Blutdruck zu kontrollieren oder gar mit Medikamenten einzustellen.

  • Gutachten

Jedes Gutachten besteht aus 3 Teilen.

Subjektive Darstellung durch PGW oder durch Vertrauenspersonen

Der Gutachter schreibt, was ihm PGW oder Angehörige aus deren Sicht schildern, ohne zu beurteilen ob die Angaben richtig sind oder nicht (vgl. oben „ich kann nicht mehr gehen“ o.Ä.). Der Gutachter darf von sich aus keine „Vorschläge“ machen; d.h. er darf z. B. nicht vorsagen „sind Sie schwindlig, müde, schwach“? oder „haben Sie einen stechenden Schmerz im Knie?“ worauf der PGW nur mehr „JA“ sagen muss. Er nimmt auf, was ihm gesagt wird.

Objektive Befunde (Spitalsbrief, Röntgen-, Facharztbefund, ärztl. Attest etc.)

Weil der Gutachter Verantwortung trägt, ist verständlich, dass er nur Krankheiten oder Diagnosen in das Gutachten aufnimmt, für die es schriftliche Befunde gibt. (Niemand kann sagen welche Operation gemacht wurde, nur weil eine Narbe zu sehen ist; es ist auch ohne Röntgenbild oder schriftlichen Befund nicht erkennbar, ob ein Knie „kaputt“ ist).

In diesem Teil beschreibt der Gutachter auch, was er sieht (z.B. „der PGW lässt sich demonstrativ aufhelfen“; oder „PGW geht während Begutachtung ohne Gehhilfe und ohne sich anzuhalten auf’s WC“ usw.).

Eigentliches Gutachten

Hier im dritten Teil beschreibt der Gutachter zu welchem Ergebnis er aus der Zusammenschau von subjektiver Darstellung und objektiven Befunden gelangt ist. Hier führt der Gutachter auch an, was dem PGW seiner Ansicht nach zumutbar ist, oder ob die subjektiven Darstellungen glaubhaft sind. Alles was der Gutachter in diesem Teil schreibt muss schlüssig sein (d. h. es muss sich aus dem Bisherigen ergeben) und er muss alles hier Gesagte (medizinisch) begründen.

Nachdem das Gutachten bei der Pensionsversicherung eingelangt ist, wird es intern kontrolliert, bearbeitet und schließlich teilt die Pensionsversicherungsanstalt das

  • Ergebnis

(Pflegegeld welcher Stufe oder Ablehnung) dem PGW mittels Bescheid mit. Daraus ersieht man welche Hilfs- und Betreuungsleistungen dem PGW zugestanden wurden. Hier steht auch, wann und wo man gegen das Ergebnis Einspruch erheben kann.

Allgemeine Fragen zum Pflegegeld können Sie als Kommentar schreiben oder über das Kontaktformular stellen. Individuelle Fragen beantworte ich im Rahmen der kostenpflichtigen Pflegegeld-Beratung, die Sie beim kostenlosen Pflegestufenrechner vereinbaren können.

Nützliche Links:
www.help.gv.at/Pflegegeld/Voraussetzungen
www.help.gv.at/Pflegestufen
www.bundessozialamt/Pflegegeld
www.pflegestufen.at - Pflegegeld kostenlos berechnen
Sie möchten wissen, wie das in Deutschland geht? Das finden Sie hier

Pflegefall

Das Wort „Pflegefall“ war ursprünglich kein medizinischer sondern ein rechtlicher Begriff. Pflegefall bedeutete, dass Krankenkassen für diesen Patient die Versorgungs-kosten im Spital (Krankenhaus) nicht bezahlten, es sei denn es konnte medizinische Behandlung aufgezeigt werden. Also wurden Untersuchungen gemacht, die eigentlich nicht notwendig waren, sonst hätte das Spital kein Geld für die Versorgung bzw. Betreuung des Patienten bekommen. Deshalb wurden und werden Pflegefälle in Pflegeheimen untergebracht. Pflegeheime sind Heime, die der Pflege (vormals „Aufbewahrung“, dann „Unterbringung“) von Personen dienen, die aufgrund ihres körperlichen oder geistig-seelischen Zustandes nicht imstande sind, die lebenswichtigen wieder­kehrenden Verrichtungen ohne fremde Hilfe zu besorgen[1]. Erst wenn durch eine akute Erkrankung wieder stationäre Pflege notwendig wird, bezahlt die Krankenkasse wieder.

Aus geriatrischer Sicht gesehen sind „Pflegefälle“ oder „Alterspflegebedürftige“ Personen, die infolge (chronischer) Krankheit nicht imstande sind, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen. Diese Personen brauchen Pflege, Hilfe oder Betreuung, weil sie ständig krank sind. Man nennt sie auch CHRONISCH KRANKE. Dazu zählen: ältere multimorbide Menschen, Demente, unheilbar Kranke und Sterbende.

Durch die Fortschritte in der Medizin wird nämlich für jeden von uns die Chance größer, älter zu werden, dadurch den Ausbruch einer unheilbaren Krankheit zu erleben bzw. zu erfahren wie eine oder mehrere Krankheiten in ein chronisches Stadium übergehen. Heute ist niemand davor gefeit, ein Pflegefall bzw. pflegebedürftig zu werden. Wie lange Pflegebedürftigkeit heutzutage andauert, lesen Sie im Beitrag Patiententenautonomie.


[1] NÖ Sozialhilfegesetz § 45/7